Geschichte
Die Entstehung der Wirtschaft Oschwand
Oschwand, ein Weiler im Hügelgebiet der Buchsiberge auf 626 M.ü.M., ist mit seiner kirchlich-politischen Zweiteilung einzigartig. Mitten auf der Dorfstrasse verläuft seit Jahrhunderten die Grenze zwischen zwei Kirch- und Einwohnergemeinden – Seeberg im Westen und Ochlenberg im Osten, bezeichnet als «Dörfli» und «Dorf». In Oschwand und in Neuhaus-Ochlenberg gab es seit den 1870er Jahren eine Schule, je im Zentrum einer grossen Schulgemeinde. Oschwand allein entwickelte sich ab den 1830er Jahren auch zu einem Gewerbezentrum. Den Startschuss dazu leisteten die Lehrer Bögli – Jakob in Oschwand und sein jüngerer Bruder Johann im Neuhaus. Auf Grund ihrer Hungerlöhne hatten sie neben der Schule einen einträglichen Markthandel aufgezogen: Sie kauften die Produktion der abgelegenen Höfe im Berggebiet auf und verhandelten sie auf den Talmärkten bis Solothurn, Burgdorf und Langenthal.
Besonders aktiv war Lehrer und Handelsmann Jakob Bögli (1784—1854), wohnhaft im Bauernhaus neben der Schule. Er führte neben seinem Handel eine Bäckerei ein und liess neben seinem Wohnhaus 1841/42 den dreigeschossigen spätklassizistischen Gasthausbau mit zwei Wohnungen errichten. Als Ortsbürger von Juchten-Seeberg amtete Bögli auch als Seeberger Gemeindeschreiber und Kassier, weshalb die Gemeinde Seeberg ihn und seine Nachfolger in seinen Unternehmen unterstützte.
Dem Gasthaus-Projekt wehte nämlich ein eisiger Wind entgegen. Als das Departement des Innern 1843 dem Patentbegehren entsprach, löste dies eine Flut von Protesten aus. Böglis mächtige Widersacher waren die «Seelsorger», der Pfarrer von Seeberg und der Helfer des Pfarrers von Herzogenbuchsee, zuständig für Ochlenberg, die sich um die Moralität der Schulkinder sorgten, in Tat und Wahrheit aber schwindenden Einfluss ihres Kirchenamts befürchteten. Die Bäckerei und die Schenke wurden angesichts des Widerstands nicht durch die Familie Bögli, sondern durch Johann Ulrich Zedi aus Huttwil in Böglis gepachtetem Bauernhaus betrieben. Die Familien von Vater Jakob Bögli und Sohn Jakob (1812—1857), Hilfslehrer und Händler, bezogen die beiden Wohnungen im Gasthausbau.
Doch das erteilte Patent lief 1847 aus und wurde nicht mehr erneuert. Der Kampf um die definitive Erteilung des Wirtspatents ging weiter. Doch 1854 starb Jakob Bögli 70-jährig und 1857 auch sein Sohn Jakob bloss 45-jährig.
Wer sollte die legitimen Interessen der Bögli-Familien vertreten? Es war der Verwandte Jakob Bögli (1816—1904), Ortsbürger von Loch-Seeberg, ab 1835 Lehrer in Neuhaus-Ochlenberg und Mitglied des Gemeinderats von Seeberg, der sich dieser Aufgabe annahm.
1861 nahm die Einwohnergemeinde Seeberg, wohl auf Böglis Ersuchen, den Kampf um das Wirtspatent tatkräftig wieder auf. Doch die eingeschworenen Gegner waren dieselben wie in den Vierzigerjahren. Mobilisiert wurden nun erstmals die Gewerbetreibenden Oschwands und der ganzen Region zur Unterstützung des Wirtshaus-Projekts. Dem Regierungsrat wurde aufgezeigt, wie unter den besseren Wirtschaftsbedingungen nach Eröffnung der Eisenbahnlinie Olten-Bern über Langenthal-Herzogenbuchsee-Riedtwil-Burgdorf (1857) die Berggegend wirtschaftlich aufholte und die Gemeinde Seeberg in ihrem Bergbezirk mit «einer Menge zerstreuter Weiler und Gehöfte» auf ein Wirtshaus in Oschwand angewiesen war. Fast schien es, dass die alten Gegner wieder die Oberhand bekämen. Doch dann entschied der Regierungsrat am 23. Dezember 1861 endgültig und erteilte das Patent für eine Speisewirtschaft in Oschwand im Gebäude der heutigen «Wirtschaft Oschwand».
Im Januar 1862 ging die «Wirtschaft Oschwand» als «Speisewirtschaft» unter Joseph Schneeberger in Betrieb. 1875 erwarb Bäckermeister und Krämer Johann Schöni, Ortsbürger von Sumiswald, das Wirtshaus. Sein Sohn Emil führte den Betrieb weiter. Als er 1910 unerwartet starb, übernahm seine Witwe Marie Schöni-Dubach das Wirtshaus und erzog die minderjährigen Kinder. In den Zwanzigerjahren liess sie die Fassade verputzen und auf der Ostseite den verglasten Laubentrakt anbauen. In den Dreissigerjahren übernahm der Sohn Werner den Betrieb. Doch auch er starb 1966 mitten im Umbau des Tanzsaals im hinteren Teil des Gebäudes in den heutigen Bankettsaal, der durch eine Faltwand in zwei Säli unterteilbar ist. Seine Witwe Gertrud Schöni-Bögli übernahm mit Hilfe ihres Sohns Peter den Betrieb und führte den Umbau zu Ende. Als mit dem Auto das Einkaufen im Tal einfach wurde, schlossen sie 1970 den kleinen Spezereiladen neben der Gaststube.
1975 übernahm Peter Schöni nach der Kochlehre und einigen Saisonstellen die Wirtschaft und führte diese zusammen mit seiner Frau Therese Schöni-Marini. Tochter Alessandra absolvierte nach der Koch- und Servicelehre 1993 die Wirtsprüfung. Ab diesem Jahr arbeitete sie in Küche und Service des elterlichen Betriebs. Seit 2009 führt sie diesen zusammen mit ihrem Mann Rolf Ryser-Schöni in der fünften Generation.
Quelle: Anne-Marie Dubler: Die Oschwand in den Buchsibergen, in: Jahrbuch des Oberaargaus, 2016 (Teil 1) und 2017 (Teil 2).